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Eine Woche VeloFerien im Tessin

Ihr könnt die Bilder in der linken Spalte anklicken um sie in höherer Auflösung anzuschauen. Bilder mit einem S am Schluss des Dateinamens stammen von Silvia, solche mit einem W von Wilu.

Åland oder Israel standen ursprünglich zur Auswahl; gelandet sind wir schliesslich im Tessin. Bewaffnet mit einem Zelt und vollbeladenen Velos. Auch wenn uns die Anreise per Zug erst einmal nach Bellinzona führt, sind wir nicht ausgezogen, um die Zentren der Ebene zu erkunden. Vielmehr zieht es uns in abgelegene Winkel mit verlassenen Dörfchen. Und -soviel sei vorweggenommen- wir haben gefunden, wonach wir gesucht haben. Doch der Reihe nach:

 

 

16.05.2005

Noch ist es trocken, als wir uns am Bahnhof Bern treffen und unsere Fahrräder mit letzter Kraft in den Zug stemmen. In Zukunft werden wir die Räder vor dem Verladen erst ihres Gepäcks entledigen, da sind wir uns einig! Umsteigen in Luzern und ab in den Süden. Oder auch: ab in den Regen. Der Ausgangspunkt der Radreise ist wie bereits erwähnt Bellinzona, wo wir leicht unterkühlt (es lebe die Klimaanlage!) aus dem Zug steigen. Noch schnell in die Regenkleider schlüpfen und schon kann’s los gehen. Auf sandigen, pfützenübersäten Feldwegen durchfahren wir die Magadino-Ebene. Silvia hält ständig Ausschau nach Vögeln und anderem Getier. Highlight sind jedoch nicht die Nebelkrähen (die ihrem Namen leider alle Ehre erweisen), sondern die in einem Kanal um die Wette quakenden Frösche, welche wir allerdings nicht zu Gesicht bekommen.

Kurz vor Locarno legt der Regen deutlich an Intensität zu, so dass wir erleichtert sind, als wir endlich den Campingplatz Verbano in Tenero erreichen. Da es laut den Wettervorhersagen auch am folgenden Tag regnen soll, entscheiden wir uns, gleich zweimal hier zu übernachten. Mit CHF 21.- pro Nacht für zwei Personen (Zwischensaison, billigste Lage) wird auch unser Budget nicht zu sehr beansprucht.

Das Abendessen nehmen wir im Hotel Alpi ein. Auch hier lässt sich am Preis-Leistungsverhältnis nichts aussetzen. Es sei allerdings angemerkt, dass die übrigen Gäste ungefähr doppelt bis dreimal so alt sind wie wir. Dies stört uns jedoch nicht gross; wir sind schon froh, dass man uns trotz unserer stellenweise völlig durchnässten Kleider nicht scheel anschaut. Mit mittlerweile beinahe vollständig getrockneter Bekleidung lenken wir unsere Schritte anschliessend in Richtung Jugendherberge. Nicht etwa, weil uns der Zeltplatz nicht mehr gut genug wäre, sondern weil sich hier einige Leute zum allwöchentlichen Go-Abend versammelt haben. So eine Gelegenheit darf Silvia natürlich nicht verpassen. Ausserdem entscheiden wir uns hier nach Rücksprache mit den Einheimischen bei der Routenwahl zugunsten des Maggia-Tals und gegen das Verzasca-Tal. Aufgeschoben ist natürlich nicht aufgehoben; das Verzasca-Tal steht auch noch auf unserer Liste.

 

 

17.05.2005

Wir machen Bekanntschaft mit den GCFV, den „gefiederten Campingfreunden Verbano“. Es handelt sich dabei um eine Handvoll Stockenten, welche den Campingplatz, respektive dessen Bewohner, als einträgliche Nahrungsmittellieferanten erkannt haben und fröhlich schnatternd um die Zelte und Caravans herumstreifen.

Das Wetter ist besser als erwartet. Uns freut’s und wir machen uns auf den Weg zu den Bolle di Magadino, einem Naturschutzgebiet im Mündungsbereich der Flüsse Ticino und Verzasca. Es ist Zeit für Feldstecher und Digitalcamera! ;-) Das Gebiet ist gross genug, um stundenlang hindurch zu streifen und dabei immer wieder mal anzuhalten und nach Pflanzen oder Tieren Ausschau zu halten. Wer sich ein wenig umschaut, trifft auf eine Vielzahl an lohnenswerten Sujets.

Nach diesem spannenden Ausflug decken wir uns mit Lebensmitteln ein und bereiten auf dem Campingplatz unser Mittagessen zu. Die anschliessende Siesta fällt wegen einsetzendem Regen etwas länger aus als geplant und erstreckt sich eigentlich bis zum nächsten Morgen...

 

 

18.05.2005

Aufbruchstimmung. Denkt jetzt aber bloss nicht, wir hätten uns in die Sättel geschwungen und seien der Maggia entlang das Tal hochgedonnert. Nein, erst heisst es, Locarno zu durchqueren. Verkehrstechnisch am besten eignet sich dafür wohl der Strandweg, auf dem wir in gemächlichem Tempo dem See entlang fahren. Keine Autos, kein Lärm, nur hie und da werden wir von Fussgängern oder einem kleinen Restaurant aufgehalten ;-). Nur dumm, dass niemand auf die Idee gekommen ist, dort einen Veloladen zu eröffnen. Denn unseren rollenden Lastesel hätten ein paar Tropfen Öl ganz gut getan. Besonders Wilu stört sich am Quietschen und Knirschen der Kette, die während der Regenfahrt am ersten Tag von jeglichem Restöl befreit und dafür ordentlich mit Sand eingesaut wurde.

Man findet sich mit der Situation ab und fährt, nachdem die Stadt durchquert ist, in nordwestlicher Richtung der Maggia entlang Richtung Ponte Brolla. Auch wenn wir bisher keine grösseren Probleme hatten (man muss sich halt breit genug machen) sind wir froh, dass der Verkehr hier abnimmt. Irgendwann kommen wir sogar in den Genuss eines gemütlichen Radweges. In Avegno machen wir Mittagsrast und essen geschwellte Kartoffeln mit gekochten Eiern - alles schon am Morgen zubereitet. Wir sind sehr angetan von der Schönheit und Ursprünglichkeit, welche der Dorfkern auch heute noch ausstrahlt. Weniger gross fällt unsere Freude hingegen über den aufgekommenen Gegenwind aus. Statt lokalem Talwind herrscht Nordfön :-(. So sind wir nicht unglücklich über den nächsten Anlass für eine kleine Pause. Dieser bietet sich in der Ortschaft Maggia in Form eines kleinen Restaurants. Nach unserer Weiterfahrt geht der Kampf mit dem Wind in die nächste Runde. Silvia macht er gleich in doppelter Hinsicht zu schaffen. Leute mit Heuschnupfen wissen, wovon die Rede ist. So kommt es, dass Silvia kaum mehr treten mag. Erst nach Einnahme eines Gegenmittels bessert sich die Situation allmählich. Dennoch möchte sie am liebsten bei jeder noch so kleinen sich anbietenden Gelegenheit das Zelt aufschlagen (es ist noch zu erwähnen, dass zahlreiche ausdrückliche Verbote das Finden eines geeigneten Platzes nicht gerade vereinfachen). Wilu kann sich für keine Stelle so richtig erwärmen und schafft es jedesmal, Silvia noch ein Weilchen zur Weiterfahrt zu bewegen. Schliesslich entdecken wir kurz vor Riveo zu unserer Rechten einen Wasserfall. Zweifellos ein lauschiges Plätzchen. Aber wie sieht’s mit der Hochwassergefahr aus? Wilu ist skeptisch. Die Würfel sind erst gefallen, als uns auch eine später angesprochene Bewohnerin eine Stelle in der Nähe des Wasserfalls vorschlägt. Es passt einfach wunderbar: Abendessen kochen beim Wasserfall, dann an hochwassertechnisch sicherer Stelle das Zelt aufschlagen und dem entfernten Rauschen des Wassers lauschend ins Reich der Träume entgleiten...

 

 

19.05.2005

Die Königsetappe. Um möglichst schnell unser nächtliches Lager zu verlassen, verzichten wir auf ein ordentliches Frühstück. Stattdessen füllen wir unsere Bäuche in Cevio mit einer warmen Schokolade und einem Gipfeli (Croissant). Kurz darauf tätigen wir einige Einkäufe. In Bignasco legen wir eine grössere Pause ein, damit sich Wilu endlich der lärmenden Kette annehmen kann. Nein, einen Veloladen hat es natürlich nicht. Aber zur Not tut es auch herkömmliches Sonnenblumenöl. Das Nachahmen ist allerdings nicht unbedingt anzuraten, da Staub und Dreck an diesem Öl wunderbar haften bleiben und zu einem nur mühsam zu entfernenden Belag verkleben. Der kurzfristige Erfolg ist indes nicht von der Hand zu weisen; selbst das grösste Ritzel funzt wieder einwandfrei. Das ist nicht deshalb erwähnenswert, weil der ganze Antrieb an Wilus Velo in einem ziemlich maroden Zustand ist, sondern weil das grösste Ritzel fortan hin und wieder gebraucht wird. Denn kurz nachdem wir links in das Val Bavona einbiegen wird die Strasse steiler. Und mit der ganzen Fuhre, die wir dabei haben, sind wir über jeden Berggang froh. Bei Silvias Velo dürften es sogar noch einer oder zwei mehr sein. Das Val Bavona ist jedoch jeden einzelnen Schweisstropfen wert. Ausser uns verkehrt kaum jemand auf der Strasse und so können wir die ganze Naturpracht mit den unzähligen kleineren und grösseren Wasserfälle in vollen Zügen geniessen. Aber auch die Dörfer mit den alten Steinhäusern haben ihren ganz eigenen Charme. Auf drei Adjektive zusammengefasst: malerisch, idyllisch, zauberhaft. Kurz nach zwei Uhr treffen wir in Foroglio ein, wo der grösste Wasserfall des Tals in die Tiefe stürzt. Die Szenerie ist ziemlich eindrücklich und wunderbar gewählt, um unser Morgenessen nachzuholen. Müesli mit Kondensmilch (er liebt sie, sie mag sie gar nicht) Brot, Karotten und Schokolade... Gestärkt machen wir uns dann wieder auf den Weg. Ein Tagesziel haben wir nicht, „einfach so weit wir mögen“ lautet das Motto. Und wenn es zu steil wird, wird geschoben. Und wenn sich ein Dorn durch den Hinterreifen von Silvias Velo bohrt, dann... in Zukunft wird vor dem Losfahren geprüft, ob die Reifenheber eingepackt sind - diejenigen, die im Alien integriert sind, funktionieren gerade eben, aber mehr nicht.

Auch Wilu hat so seine technischen Probleme. Genauer gesagt: seine Digitalcamera. Sie lässt ihm die Wahl zwischen zwei Übeln: Entweder die Karte formatieren oder die Camera abschalten. Der erste Fall bedeutet, dass alle bisher gemachten Photos verloren sind. Im zweiten Fall sind die Photos vielleicht noch zu retten. Aber dann können keine neuen Bilder mehr gemacht werden. Da wir auf unserer Reise mit Ausnahme der Magadino-Ebene überall zwei mal vorbeifahren, entscheidet sich Wilu, die Karte zu formatieren und die verlorenen Bilder so gut es geht erneut zu schiessen. Einige sind jedoch unwiederbringlich verloren. Glücklicherweise hat sich diese Funktionsstörung später nicht wiederholt!

Zurück zum Reisen. Zwei mal halten wir an, um nach einem geeigneten Platz für die Übernachtung zu suchen. Die Szenen des Vortages wiederholen sich: Wilu ist noch nicht ganz zufrieden und meint, wenn sich nichts besseres findet, könne man ja an diese Stelle zurückkehren. Und Silvia entgegnet wie üblich, sie hasse es, zurück zu fahren. Also fahren wir weiter und weiter, bis wir schliesslich in San Carlo eintreffen. Und weil wir so zufrieden mit uns und der Welt sind, und weil das Doppelzimmer im Restaurant/Hotel Basòdino mit CHF 90.- (inklusive Morgenessen und hauseigener Eidechse im ersten Stock) gerade noch in unsere Preisvorstellungen passt, tauschen wir schliesslich Isomatte und Schlafsack gegen Matratze und Bettdecke. Abgerundet wird der Abend durch einen Rundgang durch das kleine Dorf und durch das Essen im Restaurant, zu dem Wilu von Silvia eingeladen wird. Es ist schon lustig, wie ein paar Tage Velofahren aus zwei normalen Menschen richtige Fressmonster machen können :-)

Bleibt nur ein kleiner Wermutstropfen: Die Luftseilbahn, welche hinauf zum Lago di Robiei führt, ist leider noch bis zum 11. Juni geschlossen.

 

 

20.05.2005

Wenn wir schon nicht zu den Berg(stau)seen hinauf können, wollen wir wenigstens etwas von der näheren Umgebung sehen. So unternehmen wir nach dem Morgenessen einen kleinen Spaziergang ehe wir uns wieder auf die Räder schwingen und den Rückweg antreten.

Da sind wir also stets mit Gegenwind nach Nordwesten gefahren. Und kaum bewegen wir uns in die entgegengesetzte Richtung, dreht auch der Wind. Ja, das Radler-Leben kann ganz schön bitter sein! ;-) Von diesen kleinen Fiesheiten mal abgesehen, haben wir aber viel Spass. In Foroglio ist wieder einmal Essenszeit, und diesmal kochen wir uns auch eine richtige Mahlzeit. Die Kulisse, die der nahe Wasserfall abgibt, lässt jede TV-Kochshow daneben erblassen.

Viel später, auf einem flachen Teilstück: Wilu wird etwas übermütig und stürzt, als er in voller Fahrt von der Strasse auf ein parallel laufendes Weglein abbiegen will. Abgesehen von ein paar Kratzern am linken Arm gibt es nichts zu beklagen, da die ganze Fuhre zum Zeitpunkt des Kippens nach einer Vollbremsung schon fast still steht.

Der Gegenwind nimmt uns ganz schön ran, und so ist der Wegweiser zum Campingplatz Bellariva bei Gordevio mehr als bloss ein Schild; er ist so etwas wie eine kleine Erlösung. Die Dame an der Réception ist sichtlich darüber erfreut, dass sie wieder mal auf italienisch begrüsst wird. Die Übernachtung kostet CHF 12.- für das Zelt, CHF 7.80 pro Person plus CHF 1.35 Kurtaxe pro Nase. Macht Summa Summarum CHF 30.30. Anschliessend an das Abendessen tummeln wir uns wie etliche andere Gäste noch ein wenig am Ufer der angrenzenden Maggia, schreiben Ansichtskarten und betätigen uns auch auf andere Weise kreativ.

 

 

21.05.2005

Wir gehen diesen Tag gemütlich an. Genau genommen: Sehr gemütlich. Erst waschen wir mal unsere Kleider. So um die Mittagszeit schwingen wir uns dann auf die Räder und fahren bei Gegenwind (nein, so ein Zufall aber auch!) und bedecktem Himmel nach Locarno. Dort findet gerade ein multikultureller Markt statt. Eine wunderbare Gelegenheit also, um uns wieder einmal die Vorzüge der indischen Kochkunst zu Gemüte zu führen. Ausserdem decken wir uns mit Ansichtskarten ein. Den Abend und die letzte Nacht unserer Tour verbringen wir wieder auf dem Campingplatz Verbano in Tenero.

 

 

22.05.2005

Der letzte Tag beginnt mit abklingendem Regen. Nach dem Morgenessen unternehmen wir wie bei unserem ersten Aufenthalt hier einen Abstecher in die Bolle die Magadino. Zum einen weil Wilu alle dort geschossenen Bilder beim Formatieren der Speicherkarte verloren hat, und zum anderen weil dies sowieso ein lohnenswerter Ausflug ist :-). Wasservögel entdecken wir diesmal zwar deutlich weniger. Dafür posieren die Sechsbeiner willig für einige sehenswerte Bilder.

Nachdem wir unser Lager abgebrochen haben lenken wir unsere Velos nach Locarno, wo wir eine Pizza essen und die letzten Karten schreiben. Plötzlich drängt die Zeit, alles muss schnell gehen, wenn wir den Zug nicht verpassen wollen: Die Karten in einen Briefkasten werfen, Fahrkarten kaufen und in der buchstäblich allerletzten Sekunde die -wegen Zeitmangel entgegen unseren guten Vorsätzen vollbeladenen- Velos in den Zug hieven. Nachdem unsere treuen Begleiter artgerecht verstaut sind (die Zugbegleiterin legt sehr grossen Wert darauf) lassen wir uns erschöpft in die Sitze fallen und geniessen es, die Landschaft vorbeiziehen zu lassen, ohne auch nur den Hauch von Gegenwind zu spüren...

 

 

 

 

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