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Reisebericht
In
medias res
Es ist Mitternacht; Ankunft am Flughafen in Mumbai (Bombay). Warteschlangen
ohne Ende – Zeit scheint keine Rolle zu spielen. Nachdem wir die
Einreiseformalitäten hinter uns gebracht haben und die ersten Bündel
Rupien in den Händen halten, machen wir uns auf die Suche nach einem
Taxi, das uns nach Pune (Poona) bringen soll. Laut einer indischen Kollegin
verkehren sogenannte "Cool Cabs" zwischen den beiden Städten.
Leider können wir sie nicht ausfindig machen, statt dessen will man
uns mit gewöhnlichen Taxis für 2500 Rs (~75 CHF) nach Pune fahren
– für indische Verhältnisse unverschämt viel Geld.
Schliesslich fahren wir zum Bahnhof Dadar. Die indische Fahrweise ist
für uns Europäer etwas gewöhnungsbedürftig. Es gibt
eine halbwegs verbindliche Regel: "Fahre links" und eine absolut
verbindliche: "Der Stärkere und Lautere hat Vortritt".
Auf Licht wird oft verzichtet, Fussgänger sind vogelfrei.
Auch der Bahnhof gibt ein eher ungewohntes Bild ab. Er ist auch mitten
in der Nacht ziemlich bevölkert – die Leute schlafen auf Decken
am Boden ebenso wie auf den herumstehenden Gütern, welche am folgenden
Tag verladen werden sollen. Mittlerweile ist es halb drei in der Früh
und der Schalter, vor dem wir uns eben niedergelassen haben, öffnet.
Wir kaufen für wenig Geld eine Fahrkarte und lassen uns dann auf
einer Bank nieder um das nächtliche Treiben zu beobachten und Eindrücke
zu sammeln. Menschen stehen herum und schwatzen, spucken auf den Boden
oder stehen vor Waagen, deren Erscheinungsbild uns an einarmige Banditen
erinnert. Und überall wird herumgeschlurft... Noch drei Stunden,
dann sitzen wir ziemlich müde im Zug nach Pune.
Pune
In Pune checken wir im Hotel National ein. Dies ist eine grüne Oase
der Ruhe im hektischen Stadtzentrum. Wir erkunden die Stadt mittels dreirädriger
Motorrikschas, den Tuktuks und tätigen einige Einkäufe. So erstehen
wir zum Beispiel einen Railwayatlas, der uns später die Planung der
Zugsreisen erleichtern wird. Am nächsten Tag ruft Silvia Herrn Kulkarni
an. Sie lernte ihn während ihrem Indien-Austauschjahr im Jahr 2000
kennen. Herr Kulkarni ist gerade in der Stadt unterwegs und will "in
ten minutes" bei uns sein. So erfahren wir, dass eine indische Minute
etwa 180 Sekunden hat ;-). Wir werden ins Restaurant Ram Krishna eingeladen.
Seither fragen wir uns, ob wir je wieder etwas derart köstliches
essen werden!
Eine weitere Bekanntschaft aus Silvias früherem Indien-Aufenthalt
ist Gauri. Mit ihr verbringen wir den späten Nachmittag und den Abend.
Am nächsten Morgen wollen wir gemeinsam zum Parvati Tempel, der auf
einem zentralen Hügel errichtet wurde. Leider taucht Gauri nicht
rechtzeitig auf, so dass wir uns zu zweit in die Höhe begeben, um
die aufgehende Sonne zu begrüssen. Zitat aus Silvias Tagebuch:
„Wir durften einen richtig kitschigen Sonnenaufgang erleben. Ausserdem
war es äusserst amüsant, den vielen Indern bei der Morgengymnastik
zuzusehen. Die Berner joggen der Aare entlang, die Männer von Pune
laufen zum Parvati Tempel und machen Liegestützen :-).“
Nach drei Tagen verlassen wir Pune in einem Nachtbus. Wer nun automatisch
"Nachtbus" mit "schlafen" assoziiert, wird gleich
mal eines besseren belehrt: Die ersten zwei Stunden werden wir mit lauter
Hindi-Musik beschallt. Wilu, der diese Musik bisher nur vom Hörensagen
kannte, ist sehr erstaunt, dass ihm die Lieder gut gefallen und würde
am liebsten die ganze Nacht so weiter fahren. Doch um Mitternacht verstummen
die Lautsprecher schliesslich. Nach schlafen ist uns aber nicht mehr zumute
und so hören wir noch ein wenig selber mitgebrachte Musik, während
draussen die mondbeschienene Landschaft vorbeizieht. Die Fahrt endet für
uns am nächsten Morgen um sieben Uhr in Kerwadi. Hier befindet sich
"Dreamland", ein Kinderheim, welches
Herr Kulkarni vor Jahren selber aufgebaut hat. Etwa fünfzehn Knaben
empfangen uns voller Freude. Sie streiten sich beinahe darum, wer unser
Gepäck tragen oder beim Gehen unsere Hand halten darf. Einfach süss!
Dreamland
Seit Silvias letztem Besuch vor drei Jahren hat sich einiges verändert:
Neue Gebäude wurden erstellt, Bestehende wurden erweitert und der
Essplatz ist nun gepflastert.
Natürlich sind auch neue Kinder und Leiter hinzugekommen, andere
haben das Heim seither verlassen. Dennoch ist es für Silvia ein Wiedersehen
mit vielen bekannten Gesichtern. Aber auch Wilu wird sehr herzlich empfangen.
Wir bekommen ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt. Wenige Meter
daneben führt eine Stromleitung durch, so dass wir oft die Gelegenheit
haben, den Bienenfressern
beim Jagen zuzusehen. Wir sind von diesen Vögeln sofort fasziniert,
wovon die zahlreichen Bilder in unseren Photoalben zeugen.
Die Kinder kennen keine Berührungsängste und so haben wir kaum
einmal eine ruhige Minute. Die Anwesenheit von ausländischen Besuchern
ist – besonders hier auf dem Lande – doch ein besonderes Ereignis.
Als Gäste geniessen wir viel Aufmerksamkeit und auch viele Privilegien;
das heisst, eigentlich geniessen wir letztere nicht wirklich. Wir möchten
lieber "auf gleicher Augenhöhe" mit den Leuten sein. Aber
das ist schwierig. Beispiel: Silvia macht sich daran, ihre Kleider zu
waschen. Sowie die Küchenchefin davon erfährt, eilt sie herbei
und nimmt Silvia die Arbeit ab; Widerstand ist zwecklos. Wo wir gerade
von der Küchenchefin, Soru
Mauschi, sprechen... sie haben wir besonders lieb gewonnen. Sie spricht
zwar nur Marathi, was die Kommunikation nicht unbedingt erleichtert, aber
wir verstehen uns trotzdem prima.
Dreamland steht nicht für sich alleine da, sondern ist ein Teil vom
Social Economic Developement Trust (SEDT). Zu diesem gehört unter
anderem das Women Developement
Centre (WDC), das etwa einen Kilometer vom Kinderheim entfernt liegt.
Die lokale Bevölkerung kommt so in den Genuss von verschiedenen Programmen,
welche dazu beitragen, ihre Lebensumstände zu verbessern. Anlässlich
zweier Treffen der Betreuerinnen von Dreamland mit den teilnehmenden Frauengruppen
des Income Generation Programs erhalten wir einen ganz kleinen Einblick
in das schwierige Leben
einiger Dorfbewohner. Als "gewöhnliche" Touristen hätten
wir diese einmalige Erfahrung wohl kaum gemacht.
Nach dem Treffen laden uns die Dorfchefs jeweils zu einem Chaha (= Chai
= Tee) ein. Die vermögendsten Leute des Dorfes in Kombination mit
"hohem" Besuch, das heisst soviel wie: Tee mit sehr wenig Wasser,
viel Milch und haufenweise Zucker...
Noch mehr Dreamland
Eine Woche verbringen wir zusammen mit den Menschen von Dreamland. Da
erlebt man wirklich eine Menge Dinge. So zum Beispiel der Besuch eines
Dorfes, in dem zur Zeit eine College-Klasse ihre Landschulwoche verbringt.
Auf einer eigens aufgebauten Bühne halten einige Leute Vorträge.
So auch wir! Zugegebenermassen nicht ganz aus freien Stücken: der
Dorfchef hat uns kurz zuvor aufgefordert, doch ein paar Worte an die Studenten
zu richten. Also erzählen wir, wer wir sind, woher wir kommen, was
uns an Indien gefällt und was uns weniger gefällt. Anschliessend
wird dann eine allgemeine Fragerunde angehängt, bevor wir langsam
ans Heimgehen denken. Doch weit gefehlt! Erst wird noch auf Palmblättern
das Festessen angerichtet. Während wir bald einmal volle Mägen
haben, mampfen die Inder wie üblich noch eine XXL Portion Reis. Es
ist stets schwierig, die Leute davon zu überzeugen, dass wir nicht
allzu viel essen mögen oder dass wir bereits satt sind. Und das obwohl
Silvia Wilu die beiden wichtigsten Marathi-Wörter schnell einmal
beigebracht hatte: thora thora und baas – wenig und genug.
An einem Sonntag teilt man uns mit, wir gingen „to the field with
Dada“. Wir nehmen an, dass uns der Grossvater (Dada) irgendwelche
Feldarbeiten zeigen will. Es stellt sich aber heraus, dass wir zu einem
Picknick eingeladen sind. Die meisten Angestellten von Dreamland kommen
mit und wir verzehren frisch geernteten Weizen, Jwari und Kichererbsen
mit einem Chutney. Soru Moushi kocht den obligaten Tee dazu.
Einmal unternimmt Wilu eine kleine Velotour. Auf diese Weise kommt er
dem wachsenden Bedürfnis nach, mal wieder alleine zu sein und sich
selber fortzubewegen anstatt herumkutschiert zu werden. Die Tour führt
zum nächsten Dorf an der Hauptstrasse und wieder zurück nach
Dreamland. Da trifft er auf Silvia und gemeinsam (mit einigen Begleitern,
versteht sich) geht's noch ein Stück in die andere Richtung. Wilu
hätte am liebsten ein solches Velo in die Schweiz mitgebracht, deshalb
noch ein paar Sätze dazu: Marke Atlas (indisches Fabrikat), ein Gang,
Stangenbremsen, viel zu niedriger Sattel (damit auch die Kinder damit
fahren können) und sauschwer. Kurz: Räder, wie sie bei uns vor
vielleicht 60-70 Jahren aktuell waren. Mit einem Unterschied; das Atlas-Rad
ist ausgestattet "with semi rickshaw tyres for longer lifetime".
Trotzdem muss Wilu sein Rad wegen einer Reifenpanne das letzte Stück
schieben. Zur Reparatur geht's noch rüber ins WDC. Wilu besteht darauf,
den Schlauch selber zu flicken... Zitat aus seinem Tagebuch:
"Ich erreichte immerhin, dass ich helfen durfte. Flickzeug: zwei
Schraubenzieher, eine grosse(!) Tube Vulkanisierflüssigkeit und ein
alter Schlauch. Wegen den scharfkantigen Schraubenziehern wurden aus einem
Loch mehrere und schliesslich viele Löcher, so dass ich für
den Rückweg ein anderes Velo bekam."
Von all den anderen Erlebnissen während unseres Aufenthalts in Dreamland
sei eines noch herausgegriffen: Wir veranstalten einen Mal- und Bastelwettbewerb.
Ziel ist es, die eingegangenen Arbeiten in der Schweiz im Rahmen eines
Dia-Abends zu verkaufen und so Geld für das Heim zu sammeln. In drei
Alterskategorien werden jeweils die besten fünf Arbeiten ermittelt.
Unter den Gewinnern wird das Los gezogen und entsprechend dieser Reihenfolge
können sie sich eines aus etwa sechzig Plüschtieren und Spielautos
aussuchen – gebrauchte Spielsachen, die wir mitgebracht haben. Danach
können auch alle übrigen Jungen ein Los ziehen und sich ein
Spielzeug aussuchen.
Die Freude in den Gesichtern der Kinder ist gross und viele wissen schon
lange bevor sie an der Reihe sind, welches Auto sie gerne möchten.
Herr Kulkarni, der mit seiner Frau am Morgen desselben Tages in Dreamland
angekommen ist, meint: "Einige dieser Jungs hatten in ihrem Leben
wohl noch nie ein eigenes Spielzeug".
So schön die Zeit in Dreamland war, so schwer fällt am letzten
Tag der Abschied. Wir verbringen den ganzen Tag über viel Zeit mit
den Leuten und verabschieden uns auf diese Weise. Natürlich gibt
es auch die eine oder andere Fotosession, unter anderem mit Sarang.
Am Abend sitzen wir dann im Jeep. Ganz Dreamland ist darum herum versammelt;
alle winken, alle rufen "Good bye" und "See you again".
Auch wir hoffen, dass wir diese herzlichen Leute wieder sehen werden.
Auf zu neuen Ufern
Am Abend werden wir im Jeep nach Nanded gefahren. Wenn Gegenverkehr naht,
wird von Abblend- auf Fernlicht umgestellt – andere Länder,
andere Sitten. Von Nanded fährt uns ein Nachtbus (mit TV!) nach Nagpur,
wo wir den Zug Richtung Jabalpur besteigen. Nachdem wir ein Hotel gefunden
haben, lassen wir uns von einer Rikscha ins Restaurant Zayaka fahren.
Dieses gehört zum Hotel Rishi Regency und bereitet das zweitbeste
Essen unserer Reise zu (Paneer Tikka und Nan). Fantastisch ist auch der
Preis – 212 Rs. Anders formuliert: In Indien kostet ein oberfettes
Dinner für zwei Personen inklusive Trinkgeld etwa drei Viertel des
Preises eines Big Mac Menus in der Schweiz... Das Servicepersonal ist
angetan von Silvias Sari und den Mehndis, die man uns in Dreamland auf
unsere Hände gemalt hat. Am Rande sei noch das Fernsehgerät
erwähnt. Denn Fernsehen bedeutet Cricket – schliesslich finden
zur Zeit in Südafrika die Weltmeisterschaften statt. Erst konnten
wir mit dieser Sportart nicht viel anfangen. Aber nach fast zwei Wochen
in Indien hat sich auch das geändert. Dass wir die Regeln nicht ganz
verstehen tut der Unterhaltung und Spannung keinen Abbruch.
Nahe von Jabalpur liegt Bhedagat. Hier schauen wir uns erst einmal den
Wasserfall an. Nicht nur die stürzenden Wassermassen, sondern auch
die waschenden und badenden Menschen ziehen unsere Blicke auf sich. Doch
auch wir bleiben nicht lange ungesehen; die indischen Touristen lassen
sich gleich reihenweise mit uns photographieren... Schliesslich können
wir dem Rummel entfliehen und besichtigen den nahe gelegenen Tempel, der
–selbstverständlich– auf einem Hügel thront. Der
Tempel ist ringförmig angelegt, zahlreiche in Stein gemeisselte Figuren
zieren seine Innenseite. Wir schalten hier oben eine kleine Mittagsrast
ein und beobachten dabei vergnügt die quirligen Streifenhörnchen
und die Languren. Dann machen wir uns wieder auf den Weg. Das nächste
Ziel ist das Ende der kurzen Schlucht, die sich an den bereits erwähnten
Wasserfall anschliesst. Von dort aus kann man sich in Ruderbooten in die
Schlucht befördern lassen und die Marble
Rocks (Marmorfelsen) bewundern. Unser Boot fasst etwa zwanzig Passagiere,
so dass sich die beiden Ruderer mächtig in die Riemen legen müssen.
Ein Fahrgast übersetzt uns spontan die wichtigsten Erläuterungen
ins Englische. Etwa in der Mitte der Schlucht erklären die Bootsführer,
dass die Tour "offiziell" zu Ende sei, doch gegen einen Aufpreis
würde man noch weiter fahren... Man wird sich einig und für
10 Rs pro Person (~0.30 CHF) wird die Fahrt fortgesetzt. Zurück auf
dem Festland flanieren wir durch die zahlreichen Verkaufsstände.
Hier werden die verschiedensten Erzeugnisse aus Marmor feilgeboten, selbst
ein Telephon! Wir können nicht widerstehen und erstehen das eine
oder andere Souvenir oder Geschenk ehe wir wieder nach Jabalpur zurückkehren.
Anreise zum Kanha NP
Es gibt auch mal Momente, in denen man sich als Rucksack-Tourist etwas
mehr Komfort wünscht. So zum Beispiel auf unserem Weg von Jabalpur
zum Kanha NP. Der Bus sieht nicht besser oder schlechter als all die anderen
aus – ein älteres Klapperding eben. Kleiner Auszug aus Wilus
Tagebuch:
"Die Hupe des Gefährts war fabulös; Motorkraft, Komfort
und Platzverhältnisse dagegen weniger. Auf flacher Strecke lagen
im 4. Gang vielleicht 50km/h drin –und das ist wohl eher grosszügig
geschätzt–, sobald sich eine leichte Steigung einstellte musste
zurückgeschaltet werden."
Um elf Uhr fahren wir pünktlich los. Vor uns fährt ein weiterer
Bus mit der gleichen Destination – allerdings nicht lange. Nach
etwa einer halben Stunde Fahrt macht er bei der ersten Steigung schlapp.
In der Folge versuchen die Leute in unserem Bus einen Platz zu bekommen.
Es wird nun so eng, dass man sich endgültig nicht mehr bewegen kann.
Dazu ist generell zu sagen, dass die persönliche Zone in Indien sehr
viel geringer ist als bei uns. In Mandla wird planmässig ein etwa
einstündiger Halt eingelegt. Die Zeit wird genutzt, um am Motor herum
zu schrauben. Glücklicherweise sind die meisten Leute in Mandla ausgestiegen,
so dass die Platzverhältnisse auf der Weiterfahrt schon beinahe exorbitant
erscheinen. Noch ehe wir die Ortschaft verlassen haben, bleibt aber unser
Bus stehen. Immerhin geschieht dies just neben einer Werkstatt, so dass
die Reparatur wesentlich vereinfacht wird. Also wird erneut die Motorhaube
(die sich im Innern des Busses, gleich neben dem Chauffeur, befindet)
abmontiert. Offensichtlich ist ein Gewinde defekt, wodurch eine Flüssigkeit
–wahrscheinlich das Kühlwasser– austritt. Nach etwa fünf
Viertelstunden ist der Defekt behoben, die Fahrt wird fortgesetzt. Abends
um sieben statt um fünf Uhr erreichen wir Katia, die Ortschaft an
der Grenze zum Nationalpark. Eigentlich suchen wir eine bestimmte Lodge,
schliesslich landen wir aber woanders. Ein Inder namens Bafati vermittelt
uns in einer anderen Herberge ein Zimmer für 150 Rs statt 250 Rs.
Es ist das beste Zimmer, das wir bisher hatten. Das Tüpfelchen auf
dem i ist sicher die einmalige WC-Schüssel – eine Kombination
von Plumpsklo und einer Schüssel, wie wir sie im Westen kennen.
Kanha NP – auf ins Reich der wilden Tiere!
Zusammen mit einem englischen Pärchen stehen wir am nächsten
Tag in aller Früh auf. Bafati fährt uns um 6 Uhr zur Grenze
der Kernzone desjenigen Nationalparks, in dem "Das Dschungelbuch"
von Rudyard Kippling spielt. Hier bezahlen wir den Eintritt. Ausserdem
steigt der obligatorische Guide in den Jeep. Er kostet 200 Rs und seine
einzige Aufgabe besteht darin, einfach da zu sein. So hockt er den ganzen
Tag im Auto und gibt kaum einen Mucks von sich...
Schon bald sehen wir im Morgengrauen die ersten Tiere. Es handelt sich
um eine Gruppe von Sambar
Hirschen. Typisch: Das Männchen mit dem stattlichen Geweih macht
sich rasch aus dem Staub, während die Weibchen sich unseren Blicken
erst viel später entziehen. Die Tiere finden leicht Unterschlupf,
denn der an Bambus reiche Bewuchs ist stellenweise doch ziemlich dicht.
Der Nationalpark beinhaltet aber auch immer wieder offene Steppenvegetation,
was wiederum der bevorzugte Lebensraum von anderen Tierarten ist. Wie
bereits erwähnt, dient der Guide nur dekorativen Zwecken. Dafür
macht Bafati seinen Job ausgezeichnet. Er kennt sich mit den hiesigen
Tieren sehr gut aus, auch mit den Vögeln. Selbst während dem
Fahren erspäht er die kleinsten Piepmatze in den höchsten Baumwipfeln.
Es wird angehalten und bei Bedarf noch in einem Vogelführer geblättert.
Das lässt natürlich Silvias Herz bis zu den höchsten Baumkronen
und noch höher schlagen. Neben einer Vielzahl von Vögeln wie
Geier, Adler, Pfauen,
Eisvögel und Bienenfresser bekommen wir aber auch Affen, Wildschweine
und hordenweise Spotted
Deers zu Gesicht.
Emilie und Tom, die sich den Jeep mit uns teilen, unternehmen für
300 Rs einen kurzen Elephantenritt. Die Attraktion ist jedoch nicht der
Elephant, sondern ein Tiger, den man vom Dickhäuter aus garantiert
aus nächster Nähe beobachten kann. Uns ist die ganze Sache ein
wenig zu "sensationslüstern", werden doch die Tiger gezielt
aufgespürt, und den Touristen auf dem Servierteller präsentiert.
Deshalb verzichten wir auf dieses Erlebnis. Am Mittag ist die Tour zu
Ende und wir legen uns ein wenig schlafen. Gegen Abend sind wir wieder
etwas aktiver und besuchen das Visitor Centre. Noch mehr als vom Bild-
und Tonmaterial sind wir von den herumflatternden Fledermäusen angetan.
Das Haus wurde extra so konstruiert, dass sich eine Kolonie dieser fliegenden
Säugetiere darin niederlassen konnte! Schliesslich wohnen wir noch
der Vorführung eines Dokumentarfilms bei. Die erste Filmrolle gibt
uns einen Einblick in das Leben der Elephanten, die zweite Rolle handelt
vom Tiger. Doch davon bekommen wir nicht viel mit. Power Cut... Nur ist
es diesmal ein unvorhergesehener Stromunterbruch, im Gegensatz zu den
täglich vier Stunden, an denen die elektrische Versorgung wegen Strommangels
eingestellt wird.
Im Morgengrauen des nächsten Tages sitzen wir erneut in Bafatis Jeep.
Diesmal sind wir die einzigen Gäste und die Tour dauert den ganzen
Tag. Ausserdem haben wir nun einen aktiveren Guide zugeteilt bekommen,
der auch da und dort ein Tier erspäht. Juhu! Kaum im NP drin, sehen
wir bereits zwei Schakale. Auch in der Folge bekommen wir eine Menge Tiere
zu Gesicht, besonders während des Vormittags. Wir hören auch
immer wieder sogenannte Alarm Calls – Warnrufe von Affen,
Pfauen und anderen Tieren, welche die Präsenz eines grossen Raubtiers
verraten. Einen Tiger bekommen wir zwar nicht zu Gesicht. Dafür entdeckt
Silvia aber eine Jungle Cat. Während der Mittagspause (der Park ist
von zwölf bis vier Uhr nachmittags geschlossen) geht Silvia mit Bafati
an einen Fluss und schaut den Arbeitselefanten
bei ihrem täglichen Bad zu. Am Nachmittag lassen die Alarmrufe zweier
Axishirschen auf einer Wiese unsere Herzen höher schlagen.
Wir suchen die Wiese minutenlang mit dem Feldstecher ab. Leider können
wir keinen Tiger entdecken. Eine unerwartete Begegnung mit dieser schönen
Raubkatze hätte uns viel mehr gefreut, als eine offizielle Vorführung
eines zuvor aufgetriebenen Tiers. Ein Highlight kommt dafür ganz
zum Schluss: in der Dämmerung entdecken wir eine Herde der sehr raren
Bisons! Nach der Tour lädt uns Bafati zu einem Chai ein und wir verbringen
einen gemütlichen Abend. Als Dankeschön für seine zwei
super Touren schenken wir ihm ein kleines Flacon mit Parfum für seine
Frau. Dies erweist sich als ein sehr gutes Geschenk, da er schon eine
ganze Kollektion von schweizer Sackmessern besitzt und kaum ein weiteres
brauchen könnte.
Zurück in Jabalpur
Wir glauben, der erste Bus zurück nach Jabalpur fahre um acht Uhr
los. Eine Viertelstunde früher fährt er vor unseren ungläubigen
Augen ab... Um halb neun Uhr fährt der nächste Bus, was allerdings
nicht reicht, um in Chiraidongri auf einen Zug umzusteigen. Eigentlich
wollten wir es nämlich vermeiden, den Rückweg nach Jabalpur
erneut per Bus zu bewältigen. Aber diesmal haben wir mehr Glück
mit dem Vehikel – mehr PS, weniger Leute und keinerlei Pannen. Dafür
verliert Wilu Silvias Schlüsselbund mit den Schlüsseln für
die kleinen Vorhängeschlösser, welche unsere Gepäckstücke
vor Taschendieben schützen. Silvia hat zwar Reserveschlüssel
dabei, allerdings nur für drei von vier Schlössern, so dass
wir eines in Jabalpur aufbrechen lassen müssen. Dann beziehen wir
ein Zimmer im dritten Stock des Hotels Rahul (das mit der tollen Aussicht),
bevor wir im Kodak-Laden Fuji-Filme kaufen (im Fuji-Laden waren nur noch
Kodak-Filme der gewünschten Empfindlichkeit im Angebot...).
Während Wilus Magen im Nationalpark etwas rebellierte, ist nun Silvia
an der Reihe. Doch gegen Mittag geht es ihr besser, so dass wir uns im
Restaurant Zayaka erneut verwöhnen lassen können.
Am Nachmittag möchten wir eine Metallbox mit Souvenirs und überflüssigem
Gepäck in die Schweiz schicken. Der Paketschalter der Post ist aber
bereits geschlossen. Erst sieht es so aus, als ob wir das Paket einfach
dalassen können, und die Beamten es am folgenden Tag versenden. Dann
ändert sich die Sachlage zu unseren Ungunsten. So sind wir gezwungen,
unsere 8kg schwere Blechbüchse noch eine Weile mit uns herum zu schleppen.
Bandhavgarh NP
Am nächsten Tag stehen wir um viertel nach Vier auf. Draussen ist
es endlich still, der Verkehr ist zum Erliegen gekommen. Wir haben nicht
bedacht, dass es sehr schwierig ist, um diese Uhrzeit eine Rikscha zu
bekommen. Nach langem Suchen finden wir dann endlich eine Cycle-Rikscha.
Die Reisegeschwindigkeit ist naturgemäss nicht sehr hoch, und wir
fürchten, zu spät am Bahnhof anzukommen. Doch erstens reicht
es doch noch, und zweitens ist es der Zug, der Verspätung hat.
In Umaria angekommen, lassen wir uns zum Busbahnhof fahren, nachdem wir
vergeblich versucht haben, unser Paket bei der Post loszuwerden. Der Bus
fährt jedoch erst spät am Abend. So fahren wir für 75 Rs
pro Person in einem Jeep nach Tala, das gleich neben dem Park liegt. Zitat
aus Wilus Tagebuch:
"Es wäre sicher auch billiger gegangen, wie ein Amerikaner mit
50 Rs bewies. Wir fuhren also los –Silvia, ich und unser Gepäck
hinten drin– Richtung NP. Es wurden mehr und mehr Leute in den bald
vollen Jeep geladen, der mit schätzungsweise 80 oder mehr km/h über
die Holperpiste ...äh, Strasse fegte. Der Fahrer kam nur schräg
zum Lenkrad – kein Wunder bei bis zu 17 Erwachsenen, 5 Kindern und
einem süssen Welpen!"
Es passen übrigens noch mehr Leute in einen Jeep, wie uns später
gesagt wird. Wir checken in der Kum Kum Lodge ein, das Zimmer bekommen
wir für lediglich 150 Rs – wir lieben die Zwischensaison! Am
nächsten Morgen sitzen wir zusammen mit John, dem Amerikaner, in
einem Jeep. Der Fahrer und der obligatorische Guide haben eher spärliche
Englisch- und Tierkenntnisse vorzuweisen. Lediglich mit einem Tier sind
sie bestens vertraut: "Tiger, Tiger!". Obwohl beim Parkeingang
schriftlich darauf hingewiesen wird, sich nicht alleine auf die Raubkatze
zu fixieren, ist es genau das, was unsere Führer tun. Sobald sie
von anderen Guides die Nachricht vernehmen, dass irgendwo ein Tiger gesichtet
worden sei, schiessen wir ohne Rücksicht auf Verluste über die
holprigsten Pisten. Schliesslich bekommen wir das gesuchte Tier für
einige Augenblicke zu Gesicht. Das Pflichtprogramm ist damit abgeschlossen,
und fortan fahren wir in gemütlicherem Tempo durch die wunderschöne,
abwechslungsreiche Landschaft.
Ein erwähnenswertes Ereignis wird uns am späteren Abend durch
Böller und Freudenrufe kund getan: Indien hat Pakistan an der Cricket-Weltmeisterschaft
geschlagen. Ein Inder hat uns mal gesagt, Pakistan könne Weltmeister
werden, aber Indien schlagen sie nicht...
Der zweite Tag verläuft in etwa nach dem gleichen Schema wie der
erste. Wir haben aber Glück und können den Tiger mit dazugehöriger
Rally gleich zu Beginn abhaken. Ganze 17 Jeeps versammeln sich in der
Nähe des Tiers. Und das in der Zwischensaison! In der Folge erleben
wir dann aber einen tollen Tag und fahren auch in einen etwas abgelegenen
Teil des Nationalparks. Wir können unter anderem den „Lesser
Adjutant“ Storch, den Wiedehopf und einen Rhesusaffen beobachten.
Fazit der beiden NPs: Bandhavgarh hat landschaftlich eher mehr zu bieten
als Kanha. Die hohe Tigerdichte des Parks führt aber dazu, dass ein
Grossteil der Leute (Touristen und Guides) sich auf dieses Tier einschiessen
und dabei keine Augen mehr für die übrigen Schönheiten
haben. In beiden Parks konnten wir erleben, wie wichtig es ist, einen
guten Guide oder Fahrer zu haben. Wenn die beiden die gleiche Wellenlänge
haben wie man selbst, dann kann man sicher sein, einen super Tag zu verbringen.
Andernfalls ist es leider auch möglich, dass man enttäuscht
wird. Weil Bandhavgarh ein sehr kleiner Park mit sehr hoher Tigerdichte
ist, herrscht leider die Einstellung vor, dass es Pech ist, wenn man keinen
Tiger sieht. In Kanha wurde uns das Gefühl vermittelt, dass man grosses
Glück hat, wenn man die Raubkatze sieht. Darum hat es uns dort besser
gefallen.
Weiterfahrt nach Khajuraho
Wir verlassen Tala im Jeep des Hotels. Luxuriös: lediglich 6 Fahrgäste
und geschätzte 50km/h. In Umaria steigen wir in den Zug nach Katni.
Wilu findet auf der Gepäckablage (die in weiser Voraussicht sehr
geräumig und solide konstruiert wurde) ein nettes Plätzchen,
und kann den Männern auf der Gepäckablage des Nachbarabteils
bei Kartenspiel zusehen. In Katni suchen wir unverzüglich die Post
auf. Dort erwarten uns zwei Stunden purer Spass. Erst nähen wir die
Metallbox in ein Leinentuch ein. Das heisst, wir müssen nur noch
den Deckel drauf nähen, den Rest liessen wir bereits in Jabalpur
anfertigen. Es folgen die Zolldokumente. Ein Exemplar ist für die
Post, drei andere werden an die Stoffhülle des Pakets angenäht.
Alle sichtbaren Nähte werden danach mit Siegellack
überzogen. So, nun werden noch die Briefmarken darauf geklebt. 1325
Rs Porto, das bedeutet fast zwei Bögen 15 Rs-Marken und zum Schluss
noch eine 5 Rs-Marke obendrauf. Schliesslich ist es soweit: die feierliche
Übergabe des Pakets an den Mitarbeiter, der uns die ganze Zeit über
unterstützte.
Nach dem Post-Abenteuer setzen wir unsere Zugfahrt fort. Diesmal sitzen
wir beide auf der Gepäckablage.
Von unten und von der Seite starren uns viele Augenpaare zwei Stunden
lang an. Zurückstarren bringt kurzfristigen Erfolg. Diese Situation
kennen wir seit drei Wochen, doch heute sind wir nicht in der Laune für
solche Spielchen. Auch den vielen Rikschafahrern, die uns am Bahnhof von
Satna belagern und auf uns einreden, zeigen wir heute nur die kalte Schulter.
Unsere Stimmung hebt sich aber, als wir im Hotel India wegen Stromausfall
ein Candle Light Dinner geniessen.
Das Zimmer ist auch nachts so heiss, dass wir nicht besonders gut schlafen.
Doch am Morgen ist das Wetter nicht nur neblig, sondern auch windig und
kalt. Beim Busbahnhof angelangt, treffen wir auf zwei bekannte Gesichter,
die wir von der Kum Kum Lodge her kennen. Wir deponieren unser Gepäck
auf dem Dach des Busses, dann nehmen wir Platz. Positiv: jede Reihe besteht
aus zwei Zweierbänken, das heisst, wir haben relativ viel Platz (üblicherweise
sind eine Zweier- und eine Dreierbank nebeneinander). Negativ: wir sitzen
knapp hinter der Hinterachse. Bei der ersten Rüttelschwelle heben
wir ab und es ist nicht das letzte Mal, dass wir die "Bodenhaftung"
verlieren. Und zwei Reihen vor uns macht einer die tollsten Verrenkungen,
um einen Blick auf Silvia werfen zu können...
Khajuraho
In Khajuraho angekommen, werden wir von einigen Hotelbesitzern und Rikschafahrern
vollgelabert, bevor wir überhaupt dazu kommen, den Bus zu verlassen.
Dies hält uns deutlich vor Augen, dass wir nun in einer Stadt sind,
die sich ganz dem Tourismus verschrieben hat. Man kann kaum zwei Schritte
machen, ohne von irgend einem geschäftstüchtigen Ladenbesitzer
in sein Geschäft eingeladen zu werden. Leistet man der Einladung
Folge, versammeln sich draussen bereits die nächsten Verkäufer
– so kann sich ein schier endloser Einkaufsbummel entwickeln. Doch
wir lernen schnell, die übereifrigen Leute abzuwehren und uns auf
die Schönheiten der Tempel zu konzentrieren. Wobei "Schönheiten"
in diesem Fall durchaus als weibliche Schönheiten verstanden werden
können. Die Tempel von Khajuraho sind nämlich für ihre
erotischen Darstellungen
bekannt.
Wir haben Glück, denn es findet gerade ein riesiger Markt in Khajuraho
statt. Silvias Tagebucheintrag dazu:
„Das tolle an unserem Aufenthalt hier ist, dass es einen 10tägigen
Markt (Kumbh Mehla)
hat. Ich glaube, dort könnte ich 1000 Fotos machen und von morgens
bis abends um Souvenirs handeln!“
Letzteres kann durchaus Spass machen. Wenn man handelt bekommt man die
Sachen z.T. zum halben Preis und die Geschäftsleute verdienen immer
noch genug daran.
Einmal mieten wir uns Velos und erkunden so einen Tempelkomplex sowie
einen allein stehenden Tempel, der gerade restauriert wird. In einem Baumcafé
geniessen wir mitten in der Baumkrone einen Chai. Dann, am Nachmittag
betreten wir die Haupttempel-Anlage. Es handelt sich dabei um einen ziemlich
grossen Park mit zehn Tempelbauten.
Die Anlage ist wirklich schön gestaltet und im Licht der untergehenden
Sonne sind die Tempel wunderschön anzusehen. Dabei vergisst man schon
beinahe die Preispolitik, die hier betrieben wird: Eintritt für Inder
10 Rs, für Ausländer 250 Rs...
Zurück nach Pune
Nun trennen uns nur noch vier Tage von unserer Rückkehr in die Schweiz.
Bevor wir für den Rückflug nach Mumbai fahren, möchten
wir noch einmal einen Halt in Pune einlegen. Dazu müssen wir erst
mal mit dem Bus von Khajuraho nach Satna fahren. Wir haben Glück
und erwischen um viertel vor neun den halb-neun-Uhr-Bus und belegen erst
noch die vordersten (= besten) Plätze. In Satna kriegen wir dann
zwei Liegeplätze im Zug nach Kalyan. Drei Tage zuvor wurden wir auf
die Warteliste gesetzt, weil der Zug bereits ausgebucht war. Nach etwa
einem Tag Zugfahrt erreichen wir Kalyan, von wo aus es nur noch ungefähr
drei Stunden dauert, bis wir in Pune einfahren. Dort verbringen wir zwei
Nächte in einem Drei-Stern-Hotel. Wir bezahlen pro Nacht dank Spezialpreis
nur 1500 Rs plus 6% Taxen. Manch eine Jugendherberge in unseren Breiten
käme etwa gleich teuer zu stehen. Man könnte sich in seinen
staubigen Kleidern fast ein wenig deplaziert vorkommen... Wenn man die
Unordnung, die sich nach wenigen Minuten einstellt, betrachtet, könnte
man aber auch sagen, wir fühlten uns wie zu Hause...
Am nächsten Tag steht unser erster Kinobesuch an, und zwar wollen
wir uns einen Liebesfilm namens "Khushi" anschauen. Wir verstehen
zwar nur ab und zu einen englischen Brocken, aber die Handlung des Films
ist auch für uns leicht verständlich. Die Vorstellung dauert
inklusive Pause lediglich drei Stunden – für einen Bollywood-Streifen
ist das ziemlich kurz. Später kaufen wir uns beide den Soundtrack,
den wir auch jetzt immer wieder gerne hören.
Wilu lässt seine Photos in Pune entwickeln (~7.50 CHF pro Film, 13x18
cm) und Silvia ersteht eine neue Brille (~60 CHF). Die letzte Nacht verbringen
wir bei Kulkarnis zu
Hause. Vorher bummeln wir aber noch ein wenig durch die Läden, um
die Zeit totzuschlagen. Die Hitze und das Gepäck haben uns jedoch
derart geschafft, dass wir in einem Lokal etwas trinken. Dabei entdecken
wir ein Kino und wenig später schauen wir "Catch me –
if you can". Sozusagen in zwei Tagen von Bollywood nach Hollywood.
Das Ende einer tollen Reise
Bei Kulkarnis zu Hause erzählen wir erst mal von unserer Reise und
untermalen das Gesagte mit den frisch entwickelten Photos, bevor die Eltern
noch am selben Abend mit dem Nachtbus nach Dreamland reisen. Am nächsten
Tag erledigen wir einige kleine Sachen, bevor wir uns nach dem Mittagessen
vor dem Fernsehgerät installieren. Völlig unnötig zu erwähnen,
dass wir einen Cricket-Match
verfolgen. Als uns ein kleiner Bus um halb vier Uhr vor der Haustüre
abholt, ist immer noch der erste Batsman am schlagen. 138 Punkte hat er
bereits gemacht, was eine grandiose Leistung sei, wie man uns versichert.
Der Bus hat getönte Scheiben, komfortable Sitze und Klimaanlage.
Und insgesamt zählen wir ganze vier Passagiere. Man kommt aus dem
Staunen nicht mehr heraus. Erst recht, als das Gefährt den Expressway
erreicht: Eine neue, kaum befahrene Autobahn mit hohen Mautgebühren
zieht sich durch die Lande. Typisch indisch wird's dann wieder, als wir
kurz vor Sonnenuntergang Mumbai erreichen. Fahrzeuge ohne Ende, Chaos
ohne Ende.
Über den Flughafen braucht man keine grossen Worte zu verlieren,
der Flug verläuft auch problemlos. In Zürich angekommen will
Silvia so schnell wie möglich nach Hause. Wilu besucht einen Freund
und gibt das Erlebte zum Besten. Dann steigt auch er in den Zug, der ihn
Meter für Meter näher zu seinem "Nabel der Welt" bringt
;-). Die letzten Worte aus seinem Tagebuch:
"Um viertel vor zwei hatten mich dann meine 4 Wände wieder.
So richtig abgeschlossen war die Reise mit dem Bad, das ich mir später
gönnte, und das allen indischen Staub von mir spülte –
die Erinnerungen aber bleiben. Und es sind schöne Erinnerungen! :-)"
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